Kleine Schiffe mit großen Besatzungen, lange Dienstzeiten, wenig Urlaub, schlechte Bezahlung und schwere körperliche Arbeit, aber auch lange Hafenliegezeiten, Seereisen ohne Zeitdruck und eine homogene Besatzungsstruktur prägten früher das Bild.
Die Reederei ließ viel Freiheit, nicht zuletzt, im Gegensatz zu heute, den unzureichenden Kommunikationsmöglichkeiten wie Telegrafiefunk geschuldet.
Kapitäne und Schiffsingenieure waren auf sich allein gestellt, mussten viel improvisieren, trafen die meisten Entscheidungen selbst. Navigation wurde mit der Hand, sprich dem Sextanten betrieben.
Die Seeleute identifizierten sich mit ihrem Schiff und waren stolz, wenn es sauber und gepflegt aussah. Es wurde entrostet, gestrichen, die Maschinen gewartet und repariert.
Auch das richtige Beladen und die Ladungsfürsorge war Sache der Besatzung. Auf See war Zeit für Feiern und im Hafen zu ausgedehnten Landgängen.
Schnelle Riesenschiffe mit kleinen multikulturellen Besatzungen, kurze Seereisen, kaum Liegezeit im Hafen und Zeit für auch nur kurze Landbesuche, aber auch kürzere Bordzeiten, mehr Urlaub und bessere Bezahlung sind heute prägend.
Entscheidungen für die Beladung des Schiffes werden an Land getroffen, Besatzungen nicht mehr vom Reeder sondern oft nur noch von Crewingagenturen zusammengestellt, Instandhaltung und Reparaturen auf das Nötigste beschränkt. Navigation und Überwachung der Maschine übernimmt die Elektronik.
Früher besetzten je drei Besatzungsmitglieder die Wache auf der Brücke und in der Maschine, auch einen Funker gab es noch. Jetzt steht ein Schiffsoffizier einsam auf der Brücke und muss Seeraum, Navigation, Funkanlage und die Maschine überwachen.
Sicherheitsbestimmungen, Vorschriften und Auflagen von Behörden haben die Papierflut unerträglich wachsen lassen und machen den Angehörigen der Seeleute den Bordbesuch schwer.
Soziales Leben weicht heute der Vereinzelung. Fremdbestimmung löst die Selbstbestimmung der Seeleute ab, nur die Verantwortung ist geblieben.
Seefahrer arbeiten unter extremen Bedingungen auf einem schwankenden eisernen Kasten, in einem in sich geschlossenen streng hierarchischen Betrieb.
Sie sind den Naturgewalten ausgesetzt, erfüllen ihren Dienst im Schichtbetrieb unter sich rasch ändernden klimatischen Bedingungen und ständigen Zeitverschiebungen.
Sie leiden unter Trennung, Einsamkeit, Sprachgewirr, kaum Landgang, hohen Hafenfrequenzen, mangelnden Ruhezeiten – diese wurden gerade wieder verkürzt- und restriktiven Sicherheitsbestimmungen. Seefahrtromantik? Die gibt es nur im Film.
rotz allem. Seefahrt ist nach wie vor faszinierend. Es gibt kaum einen Beruf, bei dem man so viele verschiedene Tätigkeiten ausüben muss. Es werden viel Können und Verantwortungsbewusstsein erwartet. Ein angehender Seemann oder eine Seefrau sollte Neugierde, Teamfähigkeit, Spaß an der Technik und unvorsehbaren Herausforderungen und auch etwas Abenteuerlust mitbringen.
Zurzeit steckt die Seewirtschaft durch Finanzkrise und Überkapazitäten beim Laderaumangebot wieder in einer Krise. Die Ausbildung von Seeleuten stagniert. Praktikumsplätze auf Schiffen für Abiturienten sind kaum zu bekommen. Deutsche Seeleute finden schwer einen Arbeitsplatz – sie sind wieder einmal zu teuer.
Jedoch besteht eine hoher Bedarf im sekundären Arbeitsmarkt. Wasser- und Schifffahrtsämter, Hafenbehören, Hafenbetriebe, Logistikunternehmen, Lotsen, Zoll,Wasserschutzpolizei usw. suchen gute Seeleute. Es lohnt sich diesen spannenden Beruf zu erlernen.
Nachdenkliches
Wenn Sie, liebe Besucherinnen und Besucher, diese Feier wieder verlassen und vielleicht einkaufen gehen, dann denken Sie daran, dass die meisten Waren in den Regalen ohne Schiffe mit ihren Seeleuten nicht vorhanden wären.
Seefahrt tut Not und ist Not. Die Seemannsmission versucht durch Veranstaltungen wie diese mehr Verständnis und Anerkennung für die Seefahrer bei Ihnen, den Landmenschen, zu wecken. Für Ihre Mithilfe sind Seeleute und die Deutsche Seemannsmission dankbar.