Statement zum Sea Sunday
am 21. 7. 2013
Hans Jörg Hartke,
ehemaliger Leiter der Schleswig-Holsteinischen Seemannsschule auf dem Priwall
Motto: „Alle Mann an Deck!“
Fakten
Weltweit transportieren über 54.000 Frachtschiffe 50% aller Außenhandelsgüter.
Daneben gibt es noch ca. 50.000 Fischerei- und sonstige Wasserfahrzeuge.
Zigtausende von Seeleuten in aller Welt, die Schiffsbesatzungen, sorgen dafür,
dass diese Schiffe die Aufgaben gem. ihrer Bestimmung erfüllen.
Dazu gehören nautische und technische Schiffsoffiziere, Facharbeiter und Bedienungspersonal.
Ausbildung und Anforderung früher und heute
Während früher für das technische Fachpersonal eine Lehre im Metallhandwerk Voraussetzung für den Schiffingenieur war und auch für Köche und Stewards Ausbildungsrichtlinien existierten, gab es für die Matrosenausbildung als Einstieg für die nautische Laufbahn bis 1975 keine Regelungen.
Die nautische Ausbildung begann nach einer eingehenden Gesundheitsprüfung meist mit einem dreimonatigen Lehrgang an einer der damals fünf Seemannsschulen in Deutschland. Alles weitere blieb der Schiffsleitung überlassen. „Training on the Job“ war das Motto. Man putzte, entferne Rost, brachte wieder Farbe auf, machte Tauwerksarbeiten, hatte Aufsicht beim Be-und entladen, ging Brückenwache, um nur einiges zu nennen.
Der Kapitän entschied über die Beförderung. Nach drei Jahren konnte man eine Matrosenprüfung ablegen. Der erfolgreiche Abschluss war Eingangsvoraussetzung fürden Erwerb eines Kapitänspatentes je nach Schulabschluss gültig für Nord und Ostsee, das Mittelmeer oder die weltweite Fahrt.
Der Weg vom Moses (Schiffsjungen) bis zum Kapitän auf großer Fahrt betrug ca. 9 Jahre. Mindestens weitere 10 Jahre vergingen, bevor man als Kapitän oder ltd. Ingenieur vom Reeder an Bord eingesetzt wurde.
Rasante technische Entwicklungen, Automation, Containerisierung, zunehmender Wettbewerbsdruck in der internationalen Seewirtschaft und Personalmangel wegen jahrelang versäumter Ausbildung veränderten Ende der siebziger Jahre das Bild in der Seefahrt drastisch.
us dem Matrosen wurde 1984 der Schiffsmechaniker, ein Allroundfacharbeiter, der nach einer dreijährigen Lehre nunmehr sowohl alle seemännischen Arbeiten an Deck als auch alle Wartungs- und Reparaturarbeiten im Maschinenraum ausführen können muss.
Auch der Wachdienst auf der Brücke und in der Maschine gehören dazu.
Damit beherrscht er die Grundlagen von ca. 10 verschiedenen Berufen.
Aus Seemannsschulen wurden seemännische Berufsschulen, aus Seefahrtschulen nautische und technische Fach- und Fachhochschulen. Die alte Patentstruktur wurde internationalen Regeln angepasst und auf zwei sogenannte Befähigungszeugnisse reduziert: eines für die Küstenfahrt und eines gültig für die weltweite Fahrt. Die beiden Befähigungszeugnisse für Schiffsingenieure richten sich nach der Maschinenstärke. Die Ausbildungszeit zum Kapitän oder Schiffsingenieur beträgt nunmehr 5 bis 7 Jahre. Sie endet heute für Abiturienten nach acht Semestern mit dem Bachelor, der nun auch ohne Schiffsmechanikerausbildung erworben werden kann.
Realschüler können als Schiffsmechniker das große Befähigungszeugnis in 4 Semestern an einer Fachschule für Seefahrt bekommen.
Auf einen Einsatz als Kapitän oder ltd. Ingenieur muss man meist nur noch kurz warten. Stand früher die Praxis im Vordergrund, liegt heute der Schwerpunkt auf der Theorie. Elektronische Hilfsmittel stehen im Mittelpunkt.
Der Strukturwandel beschränkte sich aber nicht nur auf die Ausbildung, er betraf den ganzen Schiffsbetrieb.