Eigentlich ist es ein Tag wie jeder andere an Bord der „Stena Forecaster“. In der Kombüse des RoRo Frachters, der am Kai in Schlutup festgemacht hat, duftet es nach frischem Beef. Die philippinische Crew sitzt eng beisammen. Gleich, um 13 Uhr, beginnt das Sicherheitstraining an Deck. Die Stimmung ist so trübe wie die Aussicht auf die kalte Trave. Seitdem „Haiyan“ unsägliches Leid über das Land gebracht hat, sind die Seemänner in Gedanken bei ihren Lieben auf den Philippinen. „Es ist schrecklich. Zuerst hatten wir das Erdbeben, dann den Taifun. Über die Zahl der Toten gibt es nur Schätzungen. Viele haben ihr Zuhause verloren, haben kein Wasser, es ist sehr, sehr hart“, sagt der Matrose Siegfried Aranas, dessen Familie nicht von dem Unglück betroffen ist. Wie die anderen Matrosen an Bord des Frachters, so kommt auch Aranas aus dem Süden der Philippinen. Fermin Minao kommt dort ebenfalls her. Minao macht sich Sorgen. Er hat den Kontakt zu seinem Kameraden „Tito“ in Tacloban verloren. Weil die Kommunikationsnetze zusammengebrochen sind, weiß niemand an Bord der „Stena Forecaster“, was mit dem Matrosen ist. „Alles was wir machen können, ist beten – beten um Kraft zu tanken“, sagt Siegfried Aranas. Wie die anderen Matrosen, freut sich Aranas über Katharina Bretschneiders Besuch. Die Diakonin der Deutschen Seemannsmission hört Matrosen zu und seitdem der Taifun das Land verwüstet hat, hilft die Seemannsmission mit ihrem Club „Sweder Hoyer“ am Lehmannkai mit kostenlosen Gesprächen und freiem Internet. Nach Angaben des Stena-Kapitäns Simon Lärn hat die Crew des RoRo-Frachters bisher keine Familienmitglieder zu beklagen. Nur der Kontakt zu dem verschollenen Matrosen in Tacloban, der ist abgebrochen.
Jel, Lübecker Stadtzeitung vom 19. November 2013